Was macht eine Schnittdesignerin eigentlich mit ihren Probeteilen?

Was macht eine Schnittdesignerin eigentlich mit ihren Probeteilen?

Sooo toll!!! Manja von DREIEMS war bei mir im Kurs „Passform-Werkstatt“ zu einem virtuellen Live-Interview und die Teilnehmerinnen konnten ihr alle Fragen stellen, die sie schon immer einer Schnittmuster-Designerin stellen wollten! Hier findest du einen Auszug aus dem interessanten Interview.

 

Schön, dass du bei uns bist, liebe Manja! Die Teilnehmerinnen haben mir schon viele Fragen vorab geschrieben. Ich freue mich jetzt auf unser Interview und bin ein wenig aufgeregt!

Guten Abend an alle! Ich freue mich auch über die Einladung und bin total gespannt auf eure Fragen!

 

Wann hast du denn mit dem Nähen angefangen angefangen?

Ich habe ganz klassisch wie ganz viele nach der Geburt meines Sohnes angefangen und das ist jetzt schon fasst 15 Jahre her. Also als allererstes habe ich ein Utensilo genäht, was schief und krumm war und dann fing das halt an mit Kinderkleidung.

 

Wann hast du dann dein erstes Schnittmuster entworfen und was war das?

Das war eine Pumphose für Kinder! Und zwar kam das so zustande, dass ich mir immer viele Anleitungen heruntergeladen habe – damals noch über Dawanda – und die waren teilweise nicht so gut aufgebaut wie heutzutage und die Anleitungen, die ich gefunden hatte, habe ich als Anfänger überhaupt nicht verstanden. Und dann habe ich gedacht: „Das muss einfacher gehen!“ Dann habe ich viele Nähkurse gemacht und mir das Nähen auch über Bücher und YouTube selbst beigebracht. Und dann kam der Gedanke, dass ich es doch mal mit einem eigenen Schnittmuster probieren sollte. Und so fing das dann an! Und das liefe damals eben noch über Dawanda.

 

Cool! Dawanda kennen bestimmt die meisten noch von früher. Das war ja auch eine große Plattform. Und wie kamst du dann auf die Idee professionell Schnittmuster zu designen und zu verkaufen, so wie es sie jetzt gibt?

Also so wie es sie heute gibt, das hat sich alles erst entwickelt. Früher war das ja so, dass man wirklich nur A4-Datei hatte und kleben musste und dazu gab es nur eine relativ kurze Anleitung. Das erste Schnittmuster von mir gibt es auch gar nicht mehr, das habe ich schon lange entsorgt! Und dann hat sich das wirklich so aufgebaut bis jetzt. Mittlerweile gibt es ja auch den Papierschnitt zu kaufen, es gibt A0-Dateien dazu, alles ist in Ebenen, für die mit Beamer gibt es eine Beamer-Datei… das hat sich alles erst in den letzten 6 bis 7 Jahren entwickelt.

 

Interessant! Und nach welchem System lässt du die Schnittmuster gradieren?

Ich arbeite ja mit einer Schnittdirectrice zusammen und sie hat selbst bei Müller & Sohn in Düsseldorf ihre Ausbildung gemacht und nutzt für die Erstellung auch das Programm von Müller & Sohn. Von diesem Schnitterstellungssystem nutzen wir auch die Maßtabelle. Es gibt Designer, die eigene Maßtabellen haben, aber wir nutzen wirklich die originale Maßtabelle von Müller & Sohn, weil diese sich bewährt hat. Nach diesen Maßen werden auch die Schnitt erstellt.

 

Welches Größenspektrum bietest du an?

Die Größe 34 bis 54 ist eigentlich immer dabei, aber es kommt ein bisschen darauf an, was es für ein Schnitt ist. Wenn ich zum Beispiel sage, dass es in einer Größe 56 nicht mehr schön aussieht, dann entscheide ich, dass der Schnitt nur bis Größe 54 geht. Es soll ja auch kein Kartoffelsack sein und trotzdem auch in großen Größen schön aussehen. Das entscheiden wir dann immer individuell. Das nächste und übernächste Schnittmuster, die neu erscheinen, gehen dann bis Größe 56.

 

Und wie ist das mit dem Probenähen? Du nähst das dann zuerst einmal Probe, oder?

Ja, also ich bekomme von meiner Directrice einen Schnitt in meiner Größe und den nähe ich dann so oft Probe, bis er bei mir 100 % sitzt. Und erst, wenn er bei mir 100 % sitzt wird er in die anderen Größen gradiert. Das kann schon manchmal bis zu fünf Durchgänge dauern. Und erst danach geht es ins Probenähen im Probenähteam. Somit ist das Probenähen eigentlich fast nur noch ein Designnähen, weil da nur noch Kleinigkeiten angepasst werden müssen.

 

Und wie lange dauert der ganze Prozess von der ersten Idee bis zu Veröffentlichung?

Das kommt total auf den Schnitt an! Aber in der Regel dauert das schon ungefähr sechs Monate, zum Beispiel bei Oberteilen oder Hosen.

 

Das ist aber krass wie viel Aufwand das ist!

Also ich bin jetzt schon im Sommer mit den Schnittmustern.

 

Und woher nimmst du deine Ideen?

Die kommen spontan! Meisten auch, wenn ich etwas selber will und dafür noch kein Schnittmuster habe. Oder ich denke „Das könnte mir gefallen“ oder aus dem Probenähteam kommen auch immer wieder Ideen. Zum Beispiel hatte ich nie ein richtiges Basic-Shirt und habe meine Sachen immer mit gekauften Shirts kombiniert. So ist das Basic-Shirt letztes Jahr entstanden mit dem V-Ausschnitt und Rundhals-Ausschnitt. Und das kann man wirklich zu allem kombinieren. Dahinter steckt auch die Idee, sich komplett von Kopf bis Fuß in DREIEMS-Schnitten kleiden zu können. Da schaue ich dann, was noch fehlt oder was dazu passen könnte. Wichtig ist auch, dass alles untereinander gut abgestimmt ist.

 

Wenn du so viel zur Probe nähst… was machst du dann mit deinen ganzen Probeteilen?

Also größtenteils wandert das schon in meinen Kleiderschrank, bzw. verwende ich manche Teile immer wieder für Fotos, wie beispielsweise das Basic-Shirt. Das habe ich immer in Schwarz und Weiß hier griffbereit liegen und nicht in meinem Kleiderschrank, weil ich das schnell mit anderen Sachen kombinieren kann zum Fotografieren. Ein großer Teil geht auch an meine Nichte, die freut sich immer, wenn sie in meinem Schrank wühlen kann. Aber die allerersten Probeteile, die nur für die Passform entstehen, verwende ich dann für andere Dinge weiter und zerschneide sie. Daraus entsteht dann vielleicht ein Top oder die Innenseite einer Kapuze. Ich versuche also, so wenig wie möglich wegzuwerfen und zu recyceln.

 

Wie wird man denn eigentlich Probenäherin bei dir?

Im Moment habe ich ein Team von 45 Mädels, darunter sind etwa zehn schon von Anfang an mit dabei. Aber es ist auch immer wieder ein Wechsel drin.

 

…habe ich richtig gehört? 45?

Ja genau! Aber es nähen natürlich nicht immer alle mit. Aber so kann ich garantieren, dass das Größenspektrum abdecken kann. Und ich mache immer wieder ein Aufruf, wo sich jeder auch mal bewerben kann. Das kommt dann immer ein bisschen darauf an, ob ich gerade die Größe suche. Zum Beispiel ist 38/40 eine Größe, die immer mehrfach belegt ist. Aber ich freue mich immer über neue Gesichter!

 

Und du hast ja auch ein paar Birnenfiguren im Probenähteam, oder?

Ja, habe ich! Also da sind schon so drei, vier dabei, die nähen alles mit und probieren alles mal durch. Ist natürlich nicht immer genau der Schnitt für ihre Figur, aber da bist du ja wieder der Profi, der das anpassen kann.

 

Ja, genau! 😂 Und trägst du eigentlich nur selbstgenähte Kleidung? Das interessiert mich total…

Nein. 🙈 Gerade Jeanshosen kaufe ich natürlich. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich da noch nie einen richtig guten Stoff gefunden habe, der die Qualität einer gekauften Jeans nahe kommt, gerade auch von der Waschung her. Und sowas wie Unterwäsche, Bademode und Socken kaufe ich natürlich auch. Ich würde mich da zwar auch herantrauen und Schnittmuster dafür entwerfen, aber meine Zielgruppe ist dafür nicht die richtige.

 

Vor allem musst du bei Unterwäsche ja auch entsprechende Fotos machen!

Genau, das ist eigentlich der Hauptgrund. Das dürfen andere dann machen.

 

Nähst du denn auch manchmal Fremdschnitte?

Nein, keine Zeit! Also ich würde es teilweise sehr gern machen, aber es ist wirklich das Zeitproblem. Also ich mache ja wirklich alles alleine. Natürlich habe ich meine Schnittdirectrice, sie arbeitet freiberuflich für mich. Aber für alles andere bin ich zuständig: ich teste die Schnitte selbst, ich mache den Einkauf, Social Media, ich schreibe die Anleitungen, ich erstelle die Dateien für die Anleitung… das ist so viel, vor allem Beiträge für Social Media zu erstellen. Ich komme manchmal wochenlang nicht zum Nähen. Das ist echt schade.


Apropos Makerist: Die Plattform schließt ja bald. Wo kann man deine Schnitte denn dann noch kaufen?

Ich habe glücklicherweise bereits vor neun Jahren einen Onlineshop eröffnet, dort kann man die eBooks immer kaufen. Und dort gibt es zudem auch noch das ganze Zubehör wie Papierschnitte, Materialpakete, Nähzubehör und Plotterdateien. Und eBooks kann man noch kaufen bei Sewunity, Stoffe Hemmers, Snaply und Etsy. Aber generell zu Makerist: Man ist ja ein Gewohnheitstier und das wird jetzt für alle erstmal eine Veränderung werden.

 

Oh ja, das stimmt wohl. Eine Frage habe ich noch vergessen: Was ist mit Kurzgrößen und Langgrößen? Gibt es das bei dir?

Also meine Schnitte enthalten in der Regel immer mindestens zwei Größen oder sogar drei. Die 1,58er-Länge ist immer enthalten, weil ich nur 1,58 m bin – das ist also schon ein wenig Eigennutz. Dann ist 1,68 immer dabei und je nach Schnitt auch die 1,78.

 

Aber bei den Probenäherinnen sind ja auch unterschiedliche Körpergrößen dabei…

Also, wir haben wirklich alles. Die kleinste ist 1,43 m und die größte ist 1,83 m – also alles dabei!

 

Ja, super! Da hast du die Schnitte ja wirklich komplett durchgetestet.

Und sie testen dann hauptsächlich die Länge. So individuell, wie du in deinen Kursen anpasst, machen die Probenäherinnen das gar nicht. Da ist der Schnitt meistens original.

 

Eine Frage habe ich noch vergessen: Welchen Lieblingsschnitt hast du?

Meistens ist es so, dass der Schnitt, den ich gerade teste, besonders gut gefällt. Aber das Kleid ANZING mag ich im Sommer total gerne. Das hat einen Neckholder-Ausschnitt und verschiedene Längen.

 

Das ist auch gut für die Birnenfigur, weil das so schön ausgestellt ist!

Ja, genau. Und auch das Wickelshirt EDLING mag ich total gerne und wäre auch etwas für die A-Figur, denn es gibt eine Version, die ab der Brust ausgestellt ist.

 

Eine Frage kam noch rein: Gibt es einen Tipp, wie man am besten Papierschnittmuster verwalten kann?

Wenn man die Papierschnittmuster bei mir kauft, gibt es ja solche Mappen dazu und diese sind extra mit einem Lochstreifen ausgestattet, damit man sie abheften kann.

 

Oh, tolle Idee! Ich glaube das waren alle Fragen. Echt cool, dass du bei uns im Kurs warst! Vielen lieben Dank!

Sehr gern, danke dir für die Einladung!

 


Welche Schnitterstellerin interessiert dich noch? Schreibe es mir in die Kommentare! Hast du Lust auch mal bei einer Passform-Werkstatt dabei zu sein? Dann melde dich gern für den birnenschönen Newsletter an.

 

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Über die Autorin

Autor

Cindy

Cindy ist Gründerin von birnenschön nähen und bietet Online-Nähkurse und Nähcoachings für Frauen mit Birnenfigur an, damit sich die Teilnehmerinnen eine selbstgenähte Garderobe aufbauen können, die perfekt zu ihrer Figurform passt.

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© Cindy Traub | birnenschön nähen

Blog erstellt mit FunnelCockpit